Es gibt vielerlei forensische Situationen, in denen die biologische Zuordnung einer Spur bedeutsam ist. Am häufigsten geht es um das Identifizieren von Speichel, Sperma, Blut, Menstrualblut, Haut und Vaginalflüssigkeit. Wir haben 2016 ein Verfahren publiziert und patentiert, mit dem der Nachweis dieser Körperflüssigkeiten auch unter extremer exogener Belastung der Proben sicher möglich ist. Unsere Methode zur Differenzierung von Körperflüssigkeiten wird einschließlich aller Validierungsexperimente geschildert in PLOS one Published: Forat et al. 2016: Methylation Markers for the Identification of Body Fluids and Tissues from Forensic Trace Evidencen (https://doi.org/10.1371/journal.pone.0147973).
In der forensischen Genetik ist die STR-Analytik das Mittel der Wahl – hunderttausendfach erprobt, vergleichbar und weltweit akzeptiert. Trotzdem, viele Spurenuntersuchungen bleiben schwierig und z. T. höchst problematisch. Die Anwendung von NGS (Next Generation Sequencing) wäre dann häufig hilfreich. Aber die einzelne NGS-Analyse auf Illumina-Geräten ist sehr teuer. Wirtschaftlich vertretbar ist ein solches Verfahren erst bei der Anwendung auf viele Spuren – und die stehen natürlich meist nicht zur Verfügung. Deswegen widmen wir einen Teil unserer Entwicklungsarbeit der Nanopore-Technologie. Wenn diese den Routine-Anforderungen eines forensisch-genetischen Labors genügte, könnte man auch eine einzelne Spurprobe unter vernünftigen wirtschaftlichen Bedingungen nicht nur auf den STR-Status hin überprüfen, sondern könnte einen großen Bereich flankierender DNA-Regionen – oft eben auch polymorph - der Marker analysieren, man könnte andere Markerklassen wie SNPs untersuchen und würde über ein wichtiges, zusätzliches Werkzeug für die Mischspurenanalyse verfügen. Und das alles in einer Analyse.
Wir verfolgen die Entwicklung auf diesem Gebiet sehr genau und verifizieren technische Fortschritte von Oxford-Nanopore für unsere forensisch-genetischen Anwendungen. So haben wir in einer Bachelorarbeit zeigen können, dass die STR-Genotypisierung und die SNP-Analyse der flankierenden SNPs mit der MINION-Ausrüstung von Nanopore sicher funktioniert. Die für die Auswertung nötige Software ist frei verfügbar.
Immer mehr in den Blickpunkt des Interesses rücken die Phänotypanalyse, die Altersbestimmung, die Körperflüssigkeitsanalyse und allgemein die Methylierungsanalyse einer Spur. Mit der Nanopore-Technik wären dies Anwendungen, die auch sehr effektiv für einzelne Proben durchzuführen wären.